#skiverrückt
kennt kein Alter

Paul Fuchs zählt zu den erfolgreichsten Masters-Skirennläufern der Welt. Wir haben dem 67-jährigen Tiroler beim Training einen Besuch abgestattet.

© Gerhard Berger

Lokalaugenschein bei den Masters

Ski Austria hat Paul Fuchs (67), dem amtierenden Dreifach-Weltmeister der Mastersklasse B8, beim Training auf die Ski geschaut.

An diesem Mittwoch Ende Februar tummeln sich kurz nach Mittag ein paar Rennläufer am Hornbodenlift im Tiroler Alpbach. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass es sich bei diesen Ski-Enthusiasten um etwas ältere Semester handelt. Die Temperaturen sind für die Jahreszeit zu warm, dennoch präsentiert sich die Piste in gutem Zustand. Während vor allem holländische Urlaubergruppen in großen Scharen dem Pistenvergnügen frönen, laufen bei der Trainingsgruppe die letzten Vorbereitungen. Der Stangenwald am Pistenrand ist fertig gesteckt und am Start läuft bei den Masters bereits der Schmäh. Zeitnehmung gibt es zwar keine, ansonsten wirkt das Ganze richtig professionell. Einige Läufer machen Aufwärmübungen, die an die TV-Bilder der Startvorbereitungen der Weltcupstars erinnern. Auch Paul Fuchs liegt am Boden und bringt mit Bauchmuskelübungen seine Rumpfmuskulatur auf Betriebstemperatur. Danach schnallt der 67-Jährige vom Skiclub Kelchsau seine Skier an und tut das, was er am liebsten macht: Rennfahren.

Die Liebe zum Skisport entdeckte der Tiroler Bauernbub, der mit sieben Geschwistern aufwuchs, bereits als Kind – auch des Vaters wegen. Dieser konnte zwar selbst nicht Skifahren, war aber ein großer Förderer und unterstützte vor allem Paul und dessen Brüder Sepp und Hans bei ihren ersten Skiversuchen. „Er hat für uns Kinder eine Seilwinde mit einem Gehänge aufgestellt und sich tagelang, ja wochenlang an die Seilwinde gestellt, damit wir nicht zu Fuß hochgehen mussten“, erinnert sich Paul gerne an die Anfänge, wo die Piste noch mit den eigenen Skiern präpariert wurde, zurück.

Später errichtete der Vater sogar einen kleinen Schlepplift mit zwei Bügeln, ehe 1972 in der Kelchsau ein Doppelsessellift gebaut wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatten die drei Brüder schon zahlreiche Schülerrennen bestritten und dabei auch einiges gewonnen. Zur Konkurrenz zählten spätere Weltcuphelden wie Harti Weirather, Leonhard Stock oder Hans Enn. „Die waren in diesem Alter nicht unbedingt besser als wir, außer der Klaus Heidegger. Wenn der im Slalom durchgekommen ist, war er immer brutal schnell“, erinnert sich Fuchs zurück. Wie auch an so manches Skirennen vor dem TV-Bildschirm. „Wir hatten damals keinen Fernseher und sind deshalb immer zu den Nachbarn, die selbst 14 Kinder hatten. Dort haben wir uns in der Stubn‘ gemeinsam die Skirennen mit Klammer, Pröll und all den anderen Stars von damals angeschaut, allerdings noch in schwarz-weiß“, schwelgt er in Kindheitserinnerungen.

Für den Besuch einer Skihauptschule waren die finanziellen Möglichkeiten allerdings nicht gegeben. „Wenn nur ein Kind gewesen wäre, dann vielleicht, aber wen von uns drei Brüdern hätte man schicken sollen“, sinniert Paul Fuchs, bei dem fortan die Lehre im Mittelpunkt stand. Statt auf der Piste verbringt der gelernte Landmaschinen-Mechaniker seine Zeit in der Werkstatt und im Außendienst. Später folgen Familiengründung und Hausbau – eine Zeit in welcher der zweifache Familienvater ein paar Jahre lang gar nicht mehr auf Skiern steht. Erst mit Mitte 30 überreden ihn ein paar Kollegen, ein Rennen zu bestreiten. „Es waren 250 Teilnehmer und ich hatte die Startnummer 243“, schmunzelt Fuchs. „Genau weiß ich es nicht mehr, aber ich bin zwischen 12 und 14 Sekunden hinten gewesen. Ich dachte mir: Das gibt’s ja nicht.“ Sein Ehrgeiz war geweckt!

Nach dem Motto „Ganz oder gar nicht“ stellte Paul Fuchs vor 26 Jahren eine Masters-Trainingsgemeinschaft auf die Füße, der mittlerweile über 40 Gleichgesinnte aus der Region bis nach Bayern angehören. „Im Winter trainieren wir schon zweimal die Woche, der Grundstock besteht aus 10 bis 15 Personen, vor allem die Pensionisten sind fleißig“, lacht der Kelchsauer, der seit seiner eigenen Pensionierung vor zwei Jahren auf etwa 100 Skitage pro Saison kommt.

Das viele Training hat sich längst bezahlt gemacht. Seit 1996 ist Fuchs bei Masters Weltmeisterschaften im Einsatz, wo mittlerweile 35 Gold-, 9 Silber- und 3 Bronzemedaillen beim „Ski-Oldie“ zu Buche stehen – damit zählt der Tiroler zweifellos zu den erfolgreichsten Masters-Rennläufern der Welt. Als größten Erfolg sieht Fuchs allerdings seinen Sieg im Tirol Cup 2006 an. „Von der skifahrerischen Leistung her war das sicher das Größte. Ich war damals 49 Jahre alt und konnte mich in der Gesamtwertung, wo es keine Alterseinteilung gibt, durchsetzen.“

Was ihn am Skirennsport fasziniert? „Dass man auf sich allein gestellt ist und innerhalb kürzester Zeit die beste Linie zwischen den Stangen finden muss, um das Optimum herauszuholen. Das Ganze passiert eingebettet in die Natur mit dem schönsten Panorama, das man sich vorstellen kann. Wenn du das in deiner DNA hast, ist Skifahren einfach das Gewaltigste“, so Fuchs.

In Tirol gehören in seiner Altersklasse sein jüngerer Bruder Sepp und Gottfried Ascher vom SC Brandenberg zu den Dauer-Konkurrenten. „Die Rivalität auf der Piste beschränkt sich allerdings auf die kurze Zeit zwischen den Toren. Wenn einer schneller ist, ist er halt schneller“, so Fuchs, für den vor allem die Gemeinschaft einen hohen Stellenwert hat. „Wir sind richtige Ski-Fanaten – das ist wie eine große Familie. Ein paar wollen einfach nur mitfahren, um sich mit Freunden zu messen – ohne großen Ehrgeiz. Die sind aber genauso wichtig“, erzählt er. Das gemeinsame Hobby eint, und während des Winters verbringt die eingeschworene Masters-Gruppe viel Zeit miteinander. „Da sind im Laufe der Zeit viele Freundschaften entstanden und nach dem Training kehren wir auch gerne gemeinsam ein und gehen auf einen Kaffee oder ein Bier.“

Als unvergesslich bezeichnet Fuchs seine vielen WM-Erlebnisse. Neben Rennen in der Schweiz, Frankreich, Italien oder Frankreich war der Tiroler auch dreimal in Amerika. „Dort war es immer gewaltig, aber Copper Mountain ist für mich unübertrefflich. Das Skigebiet mit vielen traumhaften Pisten geht auf 3600 Meter hinauf und sogar die Baumgrenze liegt dort über 3000 Meter. Durch diese Reisen sieht man, dass es viele schöne Skigebiete auf der Welt gibt“, schwärmt der mittlerweile sechsfache Opa, der auch viel Zeit im eigenen Skikeller verbringt. „Vor den Trainings und Rennen muss man schon schauen, dass die Kante passt und auf dem Belag ein neues Wachs drauf ist. Ein paar Stunden vergehen da wie im Flug, aber das ist eine nette Arbeit“, kennt der Routinier vom Flüssigwachs bis zum Bügeln alle Arten der Ski-Präparierung. 

Eine Liebe, die nie erlischt!

Der Skirennsport bedeutet für Paul Fuchs nicht nur körperliche Fitness inmitten der Natur, sondern auch die Möglichkeit seine Skitechnik ständig zu verbessern. „Den optimalen Schwung auf der Kante zu ziehen, wird im Alter aber schwieriger. Wenn die Verhältnisse oder die Sicht schlecht sind, lässt es auch der Kopf nicht mehr zu, den Ski voll laufen zu lassen. Da gibt es eine Art natürliche Hemmschwelle“, so Fuchs, der lange Zeit an den Folgen einer schweren Unterschenkelverletzung, zugezogen bei der Masters WM 2011 in Andorra, laborierte. Außerdem zwickt nach einem Bandscheibenvorfall immer wieder der Rücken. „Da geht’s mir wie dem Manuel Feller“, schmunzelt der Junggebliebene. „Da muss ich dann halt eine Trainingspause einlegen“.

Etwas bleibt laut Fuchs aber stets gleich. „Eine gewisse Anspannung vor dem Start ist immer da. Dieses besondere Kribbeln verspürt man wohl auch mit 70 oder 80 Jahren noch – aber das macht ja auch den Reiz dieses Sports aus.“ Der offensichtlich auch im fortgeschrittenen Alter nichts von seiner Faszination einbüßt.

Die Masters-Rennserie ist für Skirennläufer ab dem 30. Lebensjahr. Die Klasseneinteilung erfolgt je nach Alter in Kategorie A (30 – 59 Jahre, Klasse A1 - A6), Kategorie B (ab 60 Jahre, Klasse B7 – B13) und Kategorie C (alle Damen, Klasse C1 – C13). Die Klasseneinteilungen erfolgen in fünf Jahressprüngen. In Österreich gibt es circa 600 aktive Masters-Rennläufer, 200 davon mit einer FIS-Lizenz für internationale Rennen. Weltweit gibt es 2300 Masters FIS Lizenzen.